Unser Hof in Schlesien - Pampitz, Kreis Brieg
Eisdorf am Harz, im Dezember 2016 - Gotthard Sauermann, in Zusammenarbeit mit Dr. Wolfgang Sauermann
 
Mir ist es wert, den Betrieb unseres Hofes in Schlesien für meine Nachfahren zu beschreiben und damit das Wissen darum zu erhalten. Bevor meine Eltern den Hof in Pampitz, welches in der Nähe von Brieg liegt, übernahmen, hatten sie einen Hof in Schönbrunn im Kreis Schweidnitz. Schönbrunn lag nur etwa 1 km von Schweidnitz entfernt. Auf der Seite von Schweidnitz, die Schönbrunn zugewandt war, lagen damals wie auch heute noch die Schweidnitzer Kasernen. Schweidnitz war eine alte Garnisonsstadt. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten am 30.01.1933 begann sehr schnell die Wiederaufrüstung in Deutschland. Für den Standortübungsplatz in Schweidnitz wurde zusätzliches Gelände benötigt, und so musste auch mein Vater in gewisser Weise „weichen“, da viele seiner Ländereien zu dem Gelände gehörten, die nun zum vergrößerten Standortübungsplatz werden sollten.
 
Der Hof in Schönbrunn hatte laut dem schlesischen Güter-Adressbuch von 1937 eine Größe von 46,5 ha. Meine Eltern verkauften 1935 nicht nur die Ländereien, die zum Truppenübungsplatz werden sollten, sondern letztlich auch den gesamten restlichen Betrieb an den Staat. Dafür kauften sie den Hof in Pampitz im Kreis Brieg. Dieser Hof hatte eine Größe von 47,5 ha, ebenfalls laut dem schlesischen Güter Adressbuch von 1937. Wenn damals jemand gesagt hätte, dass dieser Hof nur 10 Jahre von meinen Eltem bewirtschaftet würde, hätte man es nicht geglaubt. Mein Vater Hellmuth Sauermann ist am 04.03.1894 geboren, meine Mutter Meta Sauermann, geborene Seidel am 19.09.1896. Meine Schwester Rosemarie wurde am 07.04.1925 geboren und ich am 24.01.1930. 15 Jahre später waren Hof und Heimat verloren, wir mussten am 24.01.1945 vor der herannahenden Front flüchten.
 
Nun zu unserem Hof
Pampitz war ein für die Gegend typisches Straßendorf. Durch das Dorf führte eine lange Dorfstraße hindurch, und beiderseits der Straße lagen die Bauernhöfe und Handwerksbetriebe. In der Mitte des Dorfes stand die Kirche. Dort gab es in gewisser Weise eine „Straßenkreuzung“, denn hier ging nach links der Laugwitzer Weg ab, der als Feldweg bis zum Nachbardorf Laugwitz führte, und nach rechts ging ebenfalls ein Feldweg ab, welcher in die Feldmark führte. Die Dorfstraße führte von Südwesten aus Richtung Konradswaldau kommend in Richtung Nordosten durch das Dorf hindurch und ging dann weiter bis in unsere Kreisstadt Brieg, die noch etwa 5 km entfernt war. Unser Hof lag direkt am Ortseingang aus Richtung Konradswaldau kommend, als erster Hof auf der rechten Seite der Dorfstraße. Unser Land lag in einem Stück hinter den Höfen auf der linken Straßenseite.
 
Die Höfe in unserem Ort waren alle wie ein großes U gebaut. Links neben der Hofeinfahrt stand das Wohnhaus mit dem Giebel zur Straße. Dort waren im Erdgeschoss und im Obergeschoss die üblichen Zimmer und die Küche untergebracht, weiter schlossen sich das sogenannte Gewölbe, die Waschküche, die Milchkammer und der Kuhstall an. Am Kuhstall war ein Futterraum angebaut, und daran schloss sich ein Spreuschuppen an. Nun folgte im rechten Winkel dazu die große Scheune mit drei großen Einfahrten und Tennen dazwischen. Unter einem Tennenfach war ein halbhoher Kartoffelkeller.
Wir hatten einen hohen Grundwasserstand, denn Pampitz lag nur ca. 3-4 km Luftlinie westlich der Oder, und das Gelände war sehr flach und sehr eben. Daher hatten die Gebäude in unserem Dorf keine Keller.
 
Rechts von der Hofeinfahrt und quer zur Straße stand das sogenannte Arbeiterhaus. Dort wohnten der verheiratete Melker und der verheiratete erste Kutscher mit ihren Familien. Daneben gab es noch zwei ledige Kutscher. Sie wohnten ebenfalls in diesem Haus und hatten jeweils ein einzelnes Zimmer.
 
Dann kam auf der rechten Seite des U der Pferdestall. Zwischen dem Pferdestall und dem Arbeiterhaus lagen etwa 15 m Abstand. Der Pferdestall war für 3 Gespanne, also 6 Pferde eingerichtet und hatte zusätzlich noch eine einzelne Box. In ihr war die Stute untergebracht, wenn sie gefohlt hatte.
Im Anschluss war der Schweinestall angebaut. Es waren 8 Boxen, die mit etwa jeweils 8 Schweinen besetzt waren. Dieses war der Maststall. Wir hatten auch einen Zuchteber, der eine Box für sich allein besetzte. An den Schweinestall war die Wagenremise angebaut. Darin standen der Jagdwagen und der Parkwagen. Mit dem Jagdwagen hatte mein Vater 1934 im Viererzugfahren den 1. Preis in Schweidnitz gefahren. Das Bild von diesem Viererzug hängt heute noch in meinem Wohnzimmer.
 
Mein Vater war ein echter alter Kavallerist, er hatte den Ersten Weltkrieg vom ersten bis zum letzten Tag bei der Kavallerie verbracht. Er hatte einen sehr guten Sachverstand und ein sehr gutes Gefühl für Pferde. Nun hatte er Kutschengeschirre sowie Sattelzeug. Wir hatten Oldenburger Pferde. Sie waren etwas stärker als die Hannoveraner, aber auch sehr flott. Es waren 4 Rappen, die 2 Gespanne bildeten. Dann hatten wir noch ein Gespann aus einer Stute, die jedes Jahr ein Fohlen bekam, und ein braunes Arbeitspferd, sodass es insgesamt 6 ausgewachsene Pferde waren. Die Stute wurde auf dem Hof Preiß in Mollwitz gedeckt. Dort befand sich eine Hengststation mit zwei Deckhengsten. Oldenburger Pferde waren in unserer Gegend weit verbreitet.
 
In der Wagenremise stand auch die Viehwaage. Durch einen Durchbruch der Wand zwischen dem Schweinestall und der Wagenremise konnten die fertig gemästeten Schweine auf die Waage getrieben werden. Sie wurden dann und wann während der Mast gewogen, und kamen natürlich auf die Waage, wenn sie anschließend verkauft wurden. An der Seite des Schweinestalls war der Dämpfraum angebaut. Hier stand ein Dreizentner (150 Kilo) Kartoffeldämpfer, der die Kartoffeln für die Schweine dämpfte. Er wurde mit Holz und Kohle beheizt. An diesen Raum war der Sauenzuchtstall angebaut. Er hatte im inneren 7 Buchten für Sauen, und jede Sau hatte durch eine Tür, die hochgeklappt werden konnte, ihren eigenen und separaten Auslauf nach draußen. Auch dieser Auslauf im Freien war durch einen Zaun für jede Sau getrennt.
Der Sauenstall war ein sogenannter Lochow Stall. Er bestand nur aus Holz und war 2-wändig gebaut. Zwischen den beiden Wänden war Torf gestapelt, denn es sollte ja warm sein. Der Boden über diesem Stall war nicht sehr hoch, und auf dem Boden wurde Stroh gelagert, welches durch eine Bodenluke als Streu genutzt wurde, und welches wiederum sehr praktisch war. Auch durch das Stroh auf dem Boden war der Stall immer schön warm. Die Ferkel, die nicht für die eigene Mast verwendet wurden, wurden auf dem Viehmarkt in Brieg verkauft.
 
Zwischen Schweinestall und Scheune war ein Abstand von etwa 20 m, durch den man in den Hinterhof kam. Dort stand ein Gebäude, das fast neu war, als wir 1935 nach Pampitz zogen. Es war Ende der 1920er Jahre gebaut worden. Es war ein großes Gebäude und wie eine 7 gebaut. Wir haben es immer als „Speicher“ bezeichnet.
Auf der langen Seite des Gebäudes waren im Erdgeschoss ein Maschinenschuppen, ein Düngerschuppen und ein Laufstall für Rinder. Dieser Laufstall konnte zum Entmisten mit einem Wagen befahren werden. lm kurzen Winkel war der Fohlenstall für die Stute. Anschließend war ein Raum vorhanden, der wie eine Schmiede eingerichtet war. Dieser Raum wurde später als Treckerschuppen genutzt. Außerdem befand sich in diesem Teil des Gebäudes eine Geschirrkammer. Wir hatten Kummetgeschirre, und auch die guten Sonntagsgeschirre für die Rappen.
 
Auf den Boden dieses Gebäudes führten 2 Treppen, die eine vom Treckerschuppen aus, und die andere mittig des langen Teils des Gebäudes. Diese Treppe in der Mitte war so gebaut, dass sie gut begehbar war. Sie war breit, und sie war nicht so steil, denn über diese Treppe musste beim Dreschen das Korn, welches behalten werden sollte, in Säcken hinauf getragen werden. Ein Gebläse für Körner gab es damals noch nicht. Der Boden war vollständig gedielt. Die Fenster konnten aufgeklappt werden, aber es war dann noch ein Drahtfenster davor, damit keine Sperlinge hineinfliegen konnten. Auf diese Weise konnte der Kornboden gut gelüftet werden.
 
Links von der Treppe und vor dem Treckerschuppen lag ein Raum, in dem eine Schrotmühle und eine Haferquetsche standen. Beide Geräte wurden von einem Elektromotor angetrieben. Er stand auf einer zweirädrigen Karre und war mit einem Häuschen überdacht. Dieser Elektromotor wurde für verschiedene Dinge auf dem Hof eingesetzt. Für den Antrieb der Schrotmühle und der Haferquetsche wurde er von unten an das Gebäude herangefahren, und über einen Riemen wurde die Transmissionsscheibe oben angetrieben.
 
Im Hinterhof stand auch der Hühnerstall, ebenso isoliert wie der Schweinestall. Ein kleiner Anbau war sogar für Küken und ihre Aufzucht vorhanden. Er war ringsherum und auch von oben mit Draht verhüllt, sodass kein Habicht die Küken holen konnte. Meine Mutter hatte etwa 80-100 Hühner, und die Küken kamen schon damals aus einer Brüterei. Im Hinterhof waren auch zwei Offenställe für Schweine, die eigene kleine Hütten hatten und die mit Langstroh gedeckt waren. Es war ein „ungarisches Flair“. Hier waren die tragenden Sauen in den Wochen vor dem Ferkeln untergebracht. Es wäre noch zu erwähnen, dass hinter dem Speichergebäude und Laufstall eine kleine Weide war, die für die Rinder oder auch für die Stute genutzt wurde, wenn sie gefohlt hatte.
 
An der Giebelseite des Arbeiterhauses lag in etwa 40 m Entfernung ein kleiner Teich, der vom Grundwasser und Regenwasser gespeist wurde. Dieser Teich war in drei Teile eingezäunt. Ein Teil gehörte zu uns, da wir ja auch Enten hatten, und je ein weiterer Teil gehörte der Familie des Melkers und der Familie des 1. Kutschers. Beide Familien hatten Ställe für 2 Schweine und für Federvieh. Die Schweine wurden im Winter geschlachtet, was wir auch machten. Neben der Wurst wurde viel Räucherspeck und Rauchfleisch hergestellt. Weiße und rote Wellwurst wurden ja in Schlesien viel gemacht.
 
Um noch einmal auf den Ententeich zurückzukommen: dort war auch ein niedriges Häuschen im Wasser, in dem die Enten Schutz hatten. Von dem Teich habe ich noch ein Bild, als ich mit meiner Schwester Schlittschuh fahre. Meine Mutter hatte eine Bose Kamera und sehr viel Fotos gemacht, die wir Gott sei Dank alle gerettet haben. Auch die Gärten der Arbeiterfamilien waren an der Seite.
 
Um unser Haus herum war von der Straße her und auf der linken Seite so weit wie das Wohnhaus reichte ein Ziergarten. Darin standen Blautannen, Flieder, ein Magnolienbaum, eine Rotbuche und andere Gewächse. Die Wege waren mit Kies gefüllt und an den Rändern mit Feldsteinen besetzt, die im Frühjahr weiß gestrichen wurden. Dank meiner Mutter haben wir auch davon ein Bild. Unsere Nachbarn zur Linken war Familie Kache, die ebenfalls einen Hof hatte. Zu Kaches Arbeiterhaus hin waren Spalierapfelbäume gepflanzt, die einen sehr guten Apfel trugen. Kaches waren unsere guten Nachbarn, darauf komme ich später noch zurück.
 
Wenn wir aus unserem Haus nach hinten heraus gingen, kam man auf eine überdachte Veranda. Sie war nicht zu klein, und hier wurde immer das Erntefest mit allen Helfern gefeiert. Links davon war der kleine Park und rechts ging es zum Gemüsegarten. Dahinter kam der Obstgarten mit Apfelbäumen, Beerensträuchern und wir hatten auch einen Quittenstrauch. Das waren die Gebäude mit Garten.
 
In unserem Wohnhaus waren im Erdgeschoss die Küche, 3 Wohnzimmer und ein Spielzimmer. Im Spielzimmer stand der verschlossene Jagdwaffenschrank meines Vaters. Mein Vater konnte mit einem weiteren Bauer das Pampitzer Areal bejagen. ln das gute Wohnzimmer ging es nur bei Festlichkeiten. In den Zimmern standen überall Kachelöfen mit verschiedenen Farben. Die Öfen waren 1,80 m hoch und 1 m im Quadrat. In der Küche war ein großer Kochofen mit anschließendem Messingboiler von 150 ltr. Er wurde von dem Kochofen mit erhitzt. Oben konnte kaltes Wasser eingefüllt werden, und unten konnte das warme Wasser durch einen Wasserhahn entnommen werden. So war immer warmes Wasser in der Küche vorhanden. Hinter diesem Ofen war ein hoher Backofen vorhanden, der zusätzlich befeuert werden konnte. Es waren 3 Backröhren eingebaut.
 
Die meisten Bauernhäuser hatten einen „Sonntagseingang“ und einen „Alltagseingang“. So ging es von der Küche in den Alltagseingang. Genau gegenüber der Küchentür war die Tür ins sogenannte Gewölbe. ln diesem Raum war unsere Hauswasserversorgung eingebaut. Es war ein stehender Kessel von 800 ltr. Hier pumpte eine Kreiselpumpe das Wasser aus unserem Brunnen hinein. Das Wasser wurde unten in diesen Behälter hineingepumpt und dadurch wurde die Luft im Behälter auf der Oberseite zusammen gepresst. Die Pumpe lief automatisch. Wenn der Druck auf 1,5 atü gefallen war, schaltete sich die Pumpe ein und bei 3,5 atü schaltete sie sich wieder aus. Im Wohnhaus hatten wir sowohl im Erdgeschoss wie auch im Obergeschoss überall fließendes Wasser, und auch in jedem Stallgebäude. Insgesamt war es eine gute Wasserversorgung.
 
Im Obergeschoss unseres Wohnhauses waren 6 Zimmer, ein Bad und eine Toilette. Das Bad wurde mit einem Badekessel erhitzt. Es war ein Kupferkessel, aus dem das Ofenrohr in der Mitte des Kessels nach oben ging, und so wurde das Wasser schnell erhitzt. Jeder von uns hatte sein Zimmer. Auch unsere Hausangestellte. Ein kleines Zimmer war das Vorratszimmer meiner Mutter. Dort stand eine Kiste mit Mehl und anderen Dingen. Vom 1. Stock ging es dann hinauf auf den Boden, der sehr groß war.
 
Aus der Küche ging ein Eingang nach rechts in Richtung Kuhstall. Davor war rechts die Waschküche mit einem großen Kessel, eine Waschmaschine gab es damals nicht, aber es war eine große Waschtrommel vorhanden, die mit heißem Wasser gefüllt und von Hand gedreht wurde. Wenn man etwas weiterging, kam links die Milchkammer, und rechts ging es zum Alltagsausgang. Gerade aus führte der Gang weiter in den Kuhstall.
Die Milchkammer war weiß gefliest, und es war ein gemauertes Becken für die Milchkannen vorhanden. Sie wurden mit Wasser gekühlt. Bevor sie in dieses Becken hineingestellt wurden, wurde die Milch durch einen Kühler gekühlt. Es war ein Behälter, der 20 ltr. Milch fasste und auf einem Gestell stand. Unter diesem Behälter war eine Vorrichtung angebracht, die wie ein großes Waschbrett aussah, und die mit großen Wellen quer zum Behälter versehen war. In dem groben „Waschbrett“ floss kaltes Wasser durch die Röhren, sodass das Waschbrett immer kalt war. Der Milchbehälter hatte kleine Löcher, sodass die Milch langsam über dieses wellige Blech lief. Unten wurde sie wieder aufgefangen und lief gekühlt in eine Kanne. Dann kamen die Milchkannen in den gemauerten Wasserbehälter, und morgens wurden sie auf den Milchbock an der Straße gebracht. Dort wurden sie vom Milchkutscher abgeholt und zur Molkerei nach Brieg gefahren.
 
Im Kuhstall standen 18-20 Milchkühe und ein Zuchtbulle. Es gab dort noch 2 Kälberboxen. Jede Krippe war mit einem Wasserhahn ausgestattet und zu bedienen. lm Winter wurde Mischfutter gefüttert. Es bestand aus einer Schicht geschnittener Futterrüben, einer Schicht Kawe (Spreu) und einer Schicht eingesäuertes Rübenblatt. Zusätzlich gab es natürlich Heu für die Tiere. Der Futterrübenschneider war ein großes Gerät. Er wurde mit dem Elektromotor angetrieben, den ich schon erwähnt habe. Diese Futterbereitung wurde in einem Raum gemacht, der am Kuhstall angebaut war. Mit einer Futterkarre konnte man von dort zu den Kühen fahren. Hinter diesem Raum war der Kawe (Spreu) Schuppen, sodass man die Kawe gleich in der Nähe hatte. Die Bullenkälber wurden frühzeitig verkauft, sodass wir keine Mastbullen hatten.
 
Mist produzieren ja alle Tiere. So gab es auf dem Hofplatz eine ummauerte Miste, die 1 m in die Erde hinein gebaut war. Ganz hinten war das Jaucheloch mit elektrischer Jauchepumpe. Der Mist wurde mit der Hand aufgeladen. Es war auch eine Einfahrt in die Mistgrube. Mit einem Mistsech wurde der Mist so ausgestochen, dass ein Wagen rückwärts hineingeschoben werden konnte. Aus allen Ställen wurde der Mist mit einer Schiebekarre auf die Miste gefahren und dort per Hand etwas eingesetzt. Von der Miste aus wurde der Mist dann aufs Feld gefahren, in kleine Haufen verteilt von den Wagen abgehakt, und musste dann mit der Hand auseinandergestreut werden.
 
Die Melker waren sehr selbstständig. Sie bekamen Lohn und Provision auf die gemolkene Milch. So hatten sie auch Interesse an ihrer Arbeit. Da wir keine Weidewirtschaft hatten, musste im Sommer an jedem Tag einen Wagen Klee geholt werden. Der Klee musste vor dem Stall abgeladen werden, dieses brauchten die Melker nicht zu machen. Der Klee wurde von den Gespannführern mit dem Pferdegrasmäher gemäht, aufgeladen und heim gefahren. Für die Pferde gab es Quetschhafer mit Strohhäcksel und Heu. lm Sommer auch Klee. Die Häckselmaschine wurde ebenfalls mit dem Elektromotor angetrieben.
 
Unser Land lag alles in einer Fläche vom Laugwitzer Weg bis an den Konradswaldauer Bach, wo auch unsere Wiesen lagen. Sie hatten eine Größe von etwa 15 Morgen. Der Bach war vom Reichsarbeitsdienst (RAD) 1934 gerade gelegt worden und neu verschient. Als Kinder haben wir dort Fische und Bachkrebs gefangen. Auf dem Acker wurden Zuckerrüben, Futterrüben, Weizen, Hafer, Gerste, Roggen und Kartoffeln angebaut. Im Kriege mussten wir auch Raps anbauen.
 
Die Maschinen waren ein Bindemäher mit 6 Fuß, ein Wiesenmäher für Pferde, ein Kleemäher für Pferde, eine 3 m Drillmaschine, ein 3 m Düngerstreuer (Amazone), ein Heuwender, eine Harke, ein Kartoffelroder und eine Rübendippelmaschine. Sie hatte nur 3 Reihen, ging aber nicht leicht, sodass 3 Pferde davor gespannt wurden. Aber diese Maschine legte den Rübensamen schon in Abständen ab und machte kleine Dämme, die zum Schluss etwas gewalzt wurden. Es war für die Unkrautbekämpfung etwas leichter. Die Rüben wurden in die Zuckerfabrik nach Brieg gefahren. Die Futterrüben wurden eingemietet und im Winter dann zum Füttern auf den Hof geholt. Zum Kartoffellesen kamen Frauen aus Brieg, die sich auf diese Weise ihre Winterkartoffeln verdienten.
 
Der Kleeschlag war etwa 15 Morgen groß, und er war die Futtergrundlage für das nächste Jahr. Manchmal wuchs der Klee gut, und dann wurde Saatklee gemacht, der vom 2. Schnitt genommen wurde. Dazu ließ man 4 Morgen blühen und ausreifen. Das rote Blütenmeer war schön anzusehen, und es brummte voller Hummeln, denn nur die Hummel kann den Klee bestäuben. Wenn der Klee reif war, wurde er gemäht und in kleine Haufen gesetzt und trocknete dann. Der trockene Klee wurde in die Scheune gefahren, und bei Frost gedroschen. Die Dreschmaschine für den Klee war eine Spezialmaschine, speziell für das Ausdreschen der sehr kleinen Kleesamen. Der Samen wurde verkauft und brachte ein schönes Geld.
 
Für das Getreide kam eine normale Dreschmaschine. Es war eine große Lanz-Maschine mit Welgerpresse und Elektromotor. Meistens wurde im Winter gedroschen. Es mussten wohl 12-15 Personen sein, um alles zu bedienen. Der Maschinensatz gehörte der Maschinengenossenschaft in unserem Dorf. Es war eine Begebenheit, wenn die Maschinen mit den Pferden angefahren und hingestellt wurden.
 
Das Getreide wurde mit dem Bindemäher gemäht. Zweimal kamen uns zwei meiner Vettern in der Ernte helfen. Sie kamen aus Schönbrunn und Bögendorf im Kreis Schweidnitz. Ich habe noch alte Bilder, als wir 4-spännig bindern. Ich ritt die vorderen Pferde und mein Vetter Konrad Heiber die hinteren Pferde. Mein Vetter Günter Sauermann bediente den Binder. Der Binder mähte und band das Getreide in Garben und warf die Garben an der Seite aus. Die Garben wurden dann von Hand in Hocken aufgestellt, und wenn sie trocken waren, in die Scheune eingefahren. Wenn das letzte Getreide geerntet war, gab es abends ein Erntefest in unserer Veranda. Es gab gut zu essen, und auch nicht wenig zu trinken.
 
Von unserem Hof aus gesehen fast am anderen Ende des Dorfes gab es einen Teich. Er war nicht sehr tief, und im Sommer, an heißen Tagen, wurden manchmal die Pferde dorthin gebracht, so dass sie hüfthoch im Wasser stehen und sich etwas abkühlen konnten. Hitze und Trockenheit trockneten oft auch das Holz der eisenbereiften Wagen aus, so dass das Holz der Räder nicht ganz fest saß, Dann wurden auch die eisenbereiften Wagen in den Teich gefahren und dort für einige Zeit stehen gelassen. Dadurch konnte das Holz der Räder Wasser saugen und sich ausdehnen, so dass es wieder einen guten Halt innerhalb der Eisenreifen hatte.
 
1941 kaufte mein Vater mit unserem Nachbarn Kache einen Traktor Lanz-Bulldog mit 25 PS. Der gemeinsame Kauf mit unserem Nachbam war nötig, weil im Krieg eine gewisse Mindestgröße an ha nachgewiesen werden musste, um einen Traktor bekommen zu können. Diese Mindestgröße lag bei rund 100 ha, und da der Hof von Kaches ungefähr die gleiche Größe hatte wie unser Hof, kamen wir gemeinsam auf diese Fläche. Es wurde noch ein Lanz Bindemäher mit Zapfwellenantrieb, ein 2 Schaar-Pflug von der Fa. Sack, der zusätzlich mit einem 4 Schar Schälpflugeinsatz versehen war, und ein 5-tonner Gummiwagen der Fa. Hoffmann und Löchel aus Breslau gekauft. Der alte Bindemäher wurde in Zahlung gegeben. Nun hatten es unsere Pferde leichter.
Wegen des Krieges und der damit verbundenen Materialknappheit hatten wir den Traktor im ersten Jahr mit Eisenrädem, und bekamen dann erst Räder mit Gummireifen. Unser Stellmacher baute uns ein Verdeck auf den Schlepper, welches sich bei der Flucht sehr bewährte.
 
Im Krieg wurden 3 unserer Pferde zur Wehrmacht eingezogen. Und das natürlich nicht nur von uns, sondern auch von den anderen Bauern. Es waren immer die jüngsten Pferde. Die Pferde wurden gemustert, man bekam sie bezahlt, aber man musste sie der Wehrmacht abgeben. Das letzte Pferd war unser Wallach Remus, der noch den Viererzug 1934 in Schweidnitz mitgefahren hatte. Er tat meinem Vater sehr leid. Der Wallach war inzwischen 19 Jahre alt, aber er sah eben noch gut aus.
 
Eines habe ich noch vergessen, was unserem Hof den i-Punkt gab. Auf unserer Scheune hatten wir ein Storchennest. Die Störche haben mich als Kind durch ihr Geklapper oft geweckt. Anfang April, zum Geburtstag meiner Schwester, waren die Störche aus ihren Winterquartieren wieder zurückgekommen. Wenn mein Vater mit dem Gabelwender Heu wendete, ging der Storch oft hinterher und bediente sich der aufgescheuchten kleinen Tiere.
 
Das Gewölbe, welches gegenüber der Küche lag, war durch die Wasseranlage immer kühl. Hier hatte meine Mutter ein großes Regal, in dem die Sachen aufbewahrt wurden, die kühl lagern mussten. Im Gewölbe stand auch ein großer Steingutbehälter 80 x 100 cm. Darin wurde das Sauerkraut selber hergestellt. Wir hatten einen Krauthobel, der von Hand gedreht wurde, und der die Krautköpfe häckselte, die hineingeschoben wurden.
Dann kam das gehäckselte Kraut in den Steingutbehälter, wurde mit Salz gemischt und mit einem Holzstampfer fest gestampft. Zum Schluss kam ein Holzdeckel darauf, der mit Steinen beschwert wurde. Nach einigen Wochen war das Sauerkraut fertig.
 
Die Zucker- und Futterrüben mussten vom Unkraut befreit werden, also mit der Hand gehackt werden. Dann wurden die Rüben von Hand „verzogen“, sodass jeweils eine einzelne Pflanze für sich alleine stehen blieb. Gegenüber dem heutigen Rübenanbau war es sehr viel Arbeit. Bei der Emte wurde das Kraut mit einer Köpfschippe per Hand abgestoßen. Das Kraut wurde abgefahren und kam in die Silos, die hinter unserer Scheune waren. Es wurden Nassschnitzel zwischen das Kraut gemischt, welche die Gespanne aus der Zuckerfabrik auf dem Rückweg mitbrachten. Wenn das Blatt von den Rüben abgefahren war, wurden die Rüben mit einem Spezialflug ausgepflügt. Sie wurden dann geeggt, um sie so gut es ging von der Erde zu befreien und damit sozusagen etwas zu reinigen und in Haufen geworfen, und zum Abfahren von Hand aufgeladen. Die Zuckerrüben wurden dann nach Brieg in die Zuckerfabrik gefahren.
Die Futterrüben wurden auf dem Feld in Rübenmieten gelagert und zum Verfüttern nach Bedarf auf den Hof geholt. Es wurden etwa 20 Morgen Zuckerrüben und 5-6 Morgen Futterrüben angebaut.
 
Meine Mutter kochte auch Rübensaft. Dazu wurden die Rüben sehr sauber gewaschen, und mit dem Messer noch sauber geschält und gekratzt. Dann kamen sie in den Kartoffeldämpfer und wurden gekocht, bis sie weich waren. Die Kartoffelquetsche war vorher auch ganz sauber gemacht worden, und nun wurden die weichen Rüben hindurch gequetscht und kamen in ein stabiles Leinentuch. Jetzt kam das Tuch mit den gequetschten Rüben in die Saftpresse. Wir hatten eine große Saftpresse mit 2 Spindeln. Der Saft wurde aufgefangen, und meine Mutter hatte zwei wirklich große gusseiserne Pfannen, von denen ich glaube, dass sie nur zum Sirupkochen gedacht waren. Durch die großen Pfannen brauchte der Saft nicht so lange zum Verdampfen, und er war nicht so dunkel. Bei dieser Arbeit war es in der Küche wie in einem Dampfbad. Der Saft wurde dann in Behälter gegossen, und man hatte einen wunderbar schmeckenden Brotaufstrich.
 
Das Hauptfutter für die Kühe war Klee. Mein Vater hatte eine kleine Kleesähmaschine. Sie hatte eine Scheibe mit einem Winkelblech darauf und wurde durch eine Handkurbel angetrieben. Nach oben war ein Leinenbeutel daran genäht, in den die Kleesamen hineinkamen. Dieser Beutel fasste etwa 4 Kilo. Das ganze hängte man sich um Hals und Schulter, und beim Laufen über das Feld wurde die Scheibe über die kleine Kurbel gedreht.
Der Klee fiel je nach Einstellung auf die Scheibe und wurde über 4 m verteilt. Den Klee sähte er im Frühjahr auf den Winterroggen. Wenn der Roggen später gebindert wurde, war der Klee aufgegangen. Dort wuchs nun das Futter für das nächste Jahr.
 
Schluss
Ich glaube, dass ich alles so gut es ging geschildert habe, wie unser Hof damals gelaufen hat. Die 47,5 ha waren ein zusammenhängendes Stück Land, und ich kann sagen, dass es für damalige Zeiten ein fortschrittlicher Betrieb gewesen ist.
 
Die Flucht kam am 24.01.1945. Sie führte uns über Schweidnitz und Bögendorf, von wo meine Mutter stammte, bis ins Sudetenland. Nach der deutschen Kapitulation am 08.05.1945 fuhren wir über Zittau und Görlitz zurück nach Schlesien und in die Heimat. Am 24.05.1945 erreichten wir wieder Pampitz. Wir wussten ja damals nicht, dass Schlesien verloren war.
 
Unser Hof wie auch das ganze Dorf hatten sich stark verändert. Zwar waren im Dorf glücklicherweise nur sehr wenige Gebäude mit Kriegsschäden vorhanden. Auf unserem Hof waren noch alle Gebäude unversehrt. Aber im ganzen Dorf waren die Gebäude innen verwüstet. Das gesamte Vieh war fort, es gab kein Leben im Ort, nicht mal einen Hund oder eine Katze. Die Störche lagen tot in ihrem Nest auf unserer Scheune. Sie waren erschossen worden. Die genossenschaftliche Dreschmaschine, die in den Januartagen vor der Flucht gerade auf unserem Hof aufgebaut worden war, aber nicht mehr zum Einsatz gekommen war, stand in ihren Einzelteilen vor und hinter unserer Scheune. Die Ernte aus dem Sommer 1944 lag noch immer unausgedroschen in der Scheune. Auch die Männer und Frauen, die als „Fremdarbeiter“ aus Russland und der Ukraine auf den Höfen waren, und die auf Anweisung der NSDAP nicht mit auf die Flucht gehen durften, obwohl sie es gerne wollten, waren fort.
Sie mussten im Januar im Dorf bleiben, um das Vieh weiter zu versorgen. Über ihr Schicksal ist uns nichts bekannt.
 
In der Neujahrsnacht von 1946 auf 1947 wurden wir ausgewiesen und wir waren damals froh, endlich den Schikanen, die wir in der Zeit vom Mai 1945 bis dahin erlebt hatten, nicht mehr ausgesetzt zu sein. Als wir bei meinem Onkel in Oberfrohnau bei Chemnitz ankamen, sagte er: „Gotthard, ihr hattet ein kleines Gut".
 
Erläuterungen:
 
Flächenmaße:
1 preußischer Morgen = 2.500 m²
1 Hektar (ha) = 10.000 m² = 4 preußische Morgen
 
Gewichtsmaße:
1 Zentner = 50 kg = 100 Pfund
1 Doppelzentner = 100 kg
 
Als Arbeitsleistung eines Tages beim Pflügen mit zwei Pferden, wurden von Herrn Sauermann 2 Morgen genannt, also ½ ha .. wonach der Bauer, der den Pflug führte, etwa 10-15 km gelaufen war.